Yoga als Kunst der Bewusstseinstransformation: eine Reise zur inneren Freiheit
Schon sehr früh suchte ich nach Antworten auf die existentiellen Fragen des Lebens und nach Wegen, zu mir selbst zu finden. Yoga war damals noch nicht in aller Munde, und so widmete ich mich zunächst der Kunst, dieser scheinbar freiesten aller Lebensformen.
Getrieben von einer tiefen inneren Neugier forschte ich und landete schließlich bei der Performancekunst – jener radikalen Ausdrucksform, die den Körper selbst zum Medium macht. Während ich mich in diese Welt vertiefte, keimte in mir eine Frage: Könnte es eine Verbindung geben zwischen dieser körperlichen Kunstform und den uralten Praktiken des Yoga, die ich später entdeckte?
Die Parallelen begannen sich langsam zu enthüllen. Der uralte Pfad des Yoga und die radikale Performance-Kunst von Marina Abramović scheinen auf den ersten Blick wenig gemeinsam zu haben. Doch bei näherem Hinsehen offenbaren sich faszinierende Ähnlichkeiten – beide nutzen den Körper als Werkzeug, um Grenzen zu überwinden, den Geist zu klären und tiefgreifende energetische Verschiebungen zu ermöglichen.
Die zeitlose Weisheit des Yoga
Yoga ist weit mehr als eine Reihe von körperlichen Übungen. In seiner über 5.000-jährigen Geschichte war Yoga immer ein ganzheitlicher Weg zur Selbsterkenntnis und Transformation. Die alten Yogis in Indien verstanden, dass unser Körper ein Gefäß für unser Bewusstsein ist – und dass wir durch bewusste Praxis dieses Gefäß reinigen, erweitern und verfeinern können.
Wenn ich mich auf meine Matte begebe, geht es nicht nur darum, beweglicher oder stärker zu werden. Es geht um das Erforschen meiner inneren Landschaften. Jede Haltung (Asana) wird zu einer Möglichkeit, alte Muster zu erkennen und aufzulösen. Jeder Atemzug (Pranayama) wird zu einem Werkzeug, um festgefahrene Energien zu bewegen und neue Räume in mir zu öffnen.
Meditation: Die Reise zum wahren Selbst
Im Herzen der Yogapraxis steht die Meditation – jener stille Raum, in dem wir beginnen, hinter den Schleier unserer Gedanken, Emotionen und Identifikationen zu blicken. In der Stille der Meditation erleben wir Momente, in denen das ständige Gedankenkarussell zur Ruhe kommt und wir einen Blick auf unser wahres Wesen erhaschen – jenseits aller Rollen und Selbstbilder.
Die alten Yogis nannten diesen Prozess “Atma Vichara” – die Erforschung des Selbst. In der tiefen Versenkung erkennen wir, dass wir nicht unsere Gedanken sind, nicht unsere Emotionen, nicht einmal unser Körper. Wir sind das reine Bewusstsein, das all diese Phänomene beobachtet. Diese Erkenntnis ist nicht intellektuell, sondern eine direkte Erfahrung, die uns von innen heraus transformiert.
Auch Abramović nutzt in ihrer Arbeit meditative Zustände. In ihrer Performance “The House with the Ocean View” (2002) lebte sie zwölf Tage lang auf drei offenen Plattformen in einer Galerie, fastete, schwieg und begab sich in einen Zustand erhöhter Präsenz. “Es geht darum, einen Raum zu schaffen, in dem du dir selbst begegnen kannst”, erklärt sie. “In diesem Raum fällt all das weg, was nicht wesentlich ist.”
Die Befreiung vom Ego-Korsett
Eines der tiefgreifendsten Geschenke sowohl des Yoga als auch von Abramovićs Arbeit ist die Möglichkeit, die Grenzen des Egos zu erkennen und zu überwinden. Das Ego – unser konditioniertes Selbstbild mit all seinen Ängsten, Wünschen und Abwehrmechanismen – kann zu einem einengenden Korsett werden, das uns von unserem wahren Potenzial und von authentischen Beziehungen abhält.
Im Yoga lernen wir, dieses Korsett Schicht für Schicht zu lösen. Durch Asanas lösen wir körperliche Spannungen, die oft mit emotionalen Blockaden verbunden sind. Durch Pranayama beruhigen wir das autonome Nervensystem und schaffen Raum für neue Wahrnehmungen. Und durch Meditation erkennen wir die illusorische Natur vieler unserer Identifikationen.
Ich erinnere mich an ein intensives Retreat, bei dem ich nach Tagen der Meditation plötzlich klar sah, wie sehr ich mich mit meinen Leistungen, meiner sozialen Rolle und meinem Selbstbild identifiziert hatte. In jenem Moment des Loslassens erlebte ich eine tiefe Freiheit – als würde ich aus einem zu eng gewordenen Kleidungsstück schlüpfen und endlich frei atmen können.
Abramović spricht von ähnlichen Erfahrungen in ihrer Kunst: “In langen Performances kommt ein Punkt, an dem du dein Ego nicht mehr aufrechterhalten kannst. Es fällt einfach weg. Was übrig bleibt, ist etwas viel Größeres und Verbundeneres.” In ihrer berühmten Performance “The Artist Is Present” beschreibt sie, wie nach Stunden des stillen Sitzens ihr gewohntes Selbstgefühl verschwand und sie zu einem Kanal für reine Präsenz wurde.
Als ich unter Abramovics “Portal” Kristall-Installation stand wurde es mir wieder klar: Wir brauchen keine Erfahrung von aussen, wir können ALLES im INNEREN erleben und shiften. Das ist unsere ureigene Power und Magie!
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Der Weg zur inneren Freiheit
Aber was bedeutet es eigentlich, innerlich frei zu sein? Im Yoga sprechen wir von “Moksha” oder “Mukti” – der Befreiung von den Fesseln unserer konditionierten Existenz. Dies geschieht nicht durch Flucht vor der Welt, sondern durch vollkommene Präsenz in ihr.
Abramović drückt eine ähnliche Idee aus: “Freiheit ist nicht die Abwesenheit von Struktur – sondern eine klare Struktur, die es dir ermöglicht, frei zu sein.”
In meiner eigenen Praxis habe ich gelernt, dass wahre Freiheit nicht bedeutet, tun zu können, was ich will, sondern mich selbst in allen Situationen klar zu sehen und bewusst zu handeln – selbst inmitten von Herausforderungen und Unbehagen.
Die Erweiterung des Energiekörpers
In der Yogaphilosophie spricht man vom Prana – der Lebensenergie, die durch subtile Kanäle (Nadis) in unserem Körper fließt. Durch regelmäßige Praxis lernen wir, diese Energie bewusst zu lenken und Blockaden zu lösen, was zu einer Erweiterung unseres Energiekörpers führt.
Abramović hat ihre eigene Methode entwickelt, um mit Energie zu arbeiten. In ihrem “Abramović Method” führt sie Menschen durch Übungen, die ihre Wahrnehmung schärfen und energetische Sensibilität fördern. In einem Interview erklärte sie: “Ich sehe den Körper als ein Energiefeld. Wir müssen lernen, dieses Energiefeld zu nutzen und zu erweitern.”
Genau das ist auch mein Ansatz im Yoga und im spirituellem Coaching – die unsichtbaren Dimensionen unseres Seins zu erkunden und zu kultivieren und mehr und mehr zu verkörpern.
Lebendigkeit durch bewusste Grenzerfahrungen
Sowohl Yoga als auch Abramovićs Kunst lehren uns, dass wir unsere volle Lebendigkeit oft erst durch das Überschreiten von Grenzen erfahren. Der Yogi arbeitet bewusst mit seinen Grenzen – körperlich, mental und emotional. Durch kontinuierliche Praxis werden diese Grenzen nicht einfach aufgelöst, sondern bewusst erweitert und neu definiert.
Abramović geht in ihren Performances oft an die Grenzen des Erträglichen – sei es durch extreme Dauer, physische Gefahr oder emotionale Verletzlichkeit. Doch genau in diesen Grenzbereichen, sagt sie, finden wir unsere wahre Kraft: “Wenn du deine Grenzen kennst, kannst du sie überwinden und weitergehen.“
Was auf der Yogamatte oder in einer Kunstperformance beginnt, entfaltet seine wahre Kraft erst, wenn wir es in unser tägliches Leben integrieren. Die achtsame Präsenz, die wir im Yoga kultivieren, hilft uns, bewusster zu kommunizieren, klarer zu entscheiden und tiefer zu fühlen – in allen Bereichen unseres Lebens.
Und so habe ich mit Anfang 20 in Indien bei einer Sunset Meditation beschlossen, dass ich keine Künstlerin im klassischen Sinne sein möchte, sondern, dass mein Leben das Kunstwerk ist. Dass ich wissen möchte was Leben (oder Universum/Gott) wirklich ist, wie es geht und wie ich echte Erfüllung finden und vermitteln kann. Ganz wie Abramović betont: “Das wahre Kunstwerk ist dein Leben selbst.” Auch sie sieht ihre Performance-Kunst nicht als etwas vom Alltag Getrenntes, sondern als eine intensivierte Form des Lebens, deren Erkenntnisse in jeden Moment einfließen können.
Ein persönlicher Weg der Integration
Auf meiner eigenen Reise habe ich gelernt, dass sowohl die Yogapraxis als auch meine frühere Auseinandersetzung mit Performancekunst und Abramovićs Werk, mich daran erinnern, bewusst zu leben und mich nicht in der Betäubung des Alltags zu verlieren. Wenn ich morgens auf meiner Matte sitze und atme, eine Activation oder ein Yogaritual mache, wenn ich wach durch meinen Tag gehe, wenn ich mich traue, in schwierigen Momenten präsent zu bleiben, nicht zu bewerten aber bewusst neu zu wählen – dann praktiziere ich diese Kunst der Transformation.
Es geht nicht darum, ein “perfekter Yogi” oder ein “Performancekünstler des Lebens” zu werden. Es geht um den Mut, immer wieder aufzuwachen und aus vollem Herzen zu leben – allen Höhen und Tiefen, allen Freuden und Schmerzen zu begegnen und sich dabei nicht von ihnen bestimmen zu lassen. Sich anzunehmen mit allem und zu lieben. Sich auszudehnen, weiter und weiter, mehr Du Selbst sein, verbunden mit der Quelle und mit deinem Seelenpotential.
Die uralte Weisheit des Yoga und die zeitgenössische Radikalität von Abramovićs Kunst vereinen sich in dieser einfachen und doch revolutionären Botschaft: Dein Leben ist das eigentliche Kunstwerk, und dein Körper, dein Atem und deine Präsenz sind die Werkzeuge, mit denen du es gestalten kannst – Moment für Moment, Atemzug für Atemzug, auf dem Weg zu innerer Freiheit und unerschöpflicher Lebendigkeit.
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